Filmkritik: Asteroid City
- Joshua Grabbe

- 16. Juni 2023
- 3 Min. Lesezeit
Dass Wes Andersons Filme eine eigene Handschrift tragen und diese so gut zu erkennen ist wie bei fast keinem zweitem Regisseur, liegt vor allem an seinen durchgestylten Bildern und schrulligen Charakteren. Auch Asteroid City ist da keine Ausnahme und bietet Andersons Welt par excellence. Warum er sich dabei aber trotzdem selbst im Weg steht, erfährst du in dieser Kritik.
Asteroid City (2023: Wes Anderson)
In der fiktiven amerikanischen Kleinstadt Asteroid City treffen eine menge skurriler Figuren aufeinander. Vor Ewigkeiten ist hier ein Asteroid eingeschlagen und hat einen Krater hinterlassen. In den 1950er Jahren steht nun eine kleine Stadt mit Motel, Tankstelle und Observatorium am Rande des Kraters. Alljährlich wird hier nun ein Preis an junge Erfinder:innen verliehen. Als während des Events ein Alien den Krater besucht, werden die Stadt und ihre Besucher:innen unter Quarantäne gestellt.

Wer Anderson erwartet, bekommt Anderson Es braucht keine 10 Sekunden, dann lässt sich schon anhand der Bilder erkennen, dass es sich hierbei nur um einen Wes Anderson Film handeln kann. In einem weichen, aber farbvollen teal & orange Look und Sets, die vor Detailverliebtheit sprühen, wirkt die namensgebende Stadt Asteroid City fast wie eine Miniaturwelt, in der sich die Figuren bewegen. Fans von Wes Andersons Stil kommen voll auf ihre Kosten, keine seine Spielereien, wie das auf die Mitte zentrierte Bild, die penibel genau angeordneten Positionen der Figuren oder die künstlich anmutenden Kameraschwenks werden ausgelassen. Anderson beweist, dass es auch mit einem verhältnismäßig kleinem Budget möglich ist, ein optisch beeindruckendes Werk zu erschaffen. Da ist es natürlich von Vorteil, wenn die Schauspieler:innen bereit sind, für einen Bruchteil ihrer gewohnten Gage zu arbeiten.

Staraufgebot in der Wüste
Die Liste der Schauspieler:innen, die schon mit Wes Anderson gearbeitet haben, ist lang und für viele scheint dies auch einem Ritterschlag gleich zu kommen, denn solch eine Besetzung bekommt man sonst nur in einem Megablockbuster à la Avengers - und nicht in einem Film mit einem 25 Millionen Dollar Budget. Dabei sind einige Wiederkehrer:innen wie Tilda Swinton, Willem Dafoe, Edward Norton, Jeff Goldblum, Jason Schwartzman, Adrien Brody und Liev Schreiber, aber auch Anderson Neulinge: So geben Steve Carell, Scarlett Johansson, Bryan Cranston, Margot Robbie und Tom Hanks ihr Debüt. Die Rollengrößen schwanken dabei zwischen kleinen Cameos und größeren Nebenrollen. Denn richtige Hauptrollen lässt Anderson in Asteroid City nicht zu. Ein Problem, dass so ein großer Cast mit sich bringen kann (und ich habe bei weitem nicht alle Schauspieler:innen genannt), ist die fehlende Fokussierung auf eine Person, anhand derer wir die Geschichte erleben können. Dabei bieten die Charaktere in Asteroid City eine Menge Potenzial. Da sind die Teenager, die am Wissenschaftswettbewerb teilnehmen und als Außenseiter das erste Mal Teil einer Gruppe werden; der Familienvater, der den Verlust seiner Frau verarbeiten muss und dies aber seinen Kindern seit Wochen verschweigt; der Motelbetreiber der ein ausgebranntes Bungalow einfach durch ein Zelt ersetzt und gleichzeitig versucht mit einem Snackautomaten kleine Grundstücke am Rand der statt zu verkaufen; und noch viele mehr. All diese Charaktere bieten eine Menge Potenzial und versprühen den Anderson Charme durch trockenen Humor und präzise Dialoge. Nur hat man einen Charakter einmal kennen gelernt und fängt an mit diesem zu fühlen, springt der Film schon zum nächsten und lässt die meisten dieser angerissenen Geschichten liegen. Auch die Meta-Rahmenhandlung um eine TV-Sendung, in der ein Ensemble um einen Theaterautor begleitet wird (in der das Stück Asteroid City produziert wird), mag auf dem Papier eine clevere Idee sein, tut der Geschichte aber keinen Gefallen. Diese ist zwar nicht so komplex wie es hier vielleicht den Anschein macht, verhindert aber auch eine engere Bindung an die Charaktere, da diese ja selbst in der Filmwelt nicht real existieren, sondern nur von Schauspieler:innen dargestellte Figuren in einem Theaterstück sind.
Anderson legt den vielleicht detailverliebtesten Film seiner Karriere hin. Sets, an denen man sich kaum satt sehen kann, und viele technische Spielereien lassen den Anderson Fan in einem aufjauchzen. Dazu kommen immer wieder tolle Einzelmomente, die aber leider nicht zu einer größeren Geschichte zusammen finden wollen. Zu weit hat sich Anderson von seinem Publikum entfernt und stellt den Stil und die Abstraktion über die Emotion. Regietechnisch mag Asteroid City eine seiner besten Leistungen sein, auf der Autorenebene war er aber schon wesentlich stärker.




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