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Filmkritik: Deadpool & Wolverine

  • Autorenbild: Felix Knorr
    Felix Knorr
  • 31. Juli 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Deadpool soll die Leere im aktuellen MCU füllen. Zur Unterstützung holt sich Ryan Reynolds seinen Kumpel Hugh Jackman dazu, um Wolverine das große Comeback zu bescheren. Wie kommt das Duo im Multiversum zurecht?


Deadpool & Wolverine (2024: Shawn Levy), Kinostart: 24. Juli 2024


Super-Söldner Deadpool (Ryan Reynolds) lebt seit seinen letzten Abenteuern im Ruhestand und arbeitet im normalen Leben als Gebrauchtwagenhändler. Er muss wieder aktiv werden, als ihm Paradox (Matthew Macfadyen) weiß macht, dass seine Zeitlinie zerfällt. Um die Zerstörung dieser Version der Erde aufzuhalten, rekrutiert er eine Multiversums-Variante von Wolverine (Hugh Jackman). Nachdem sich das ungleiche Duo zunächst streitet, finden sie sich im Void wieder - die große Müllhalde aller Universen. Dort hat die düstere Cassandra Nova (Emma Corrin) ihr eigenes Regime errichtet.

Deadpool & Wolverine unterwegs in der Leere
© Marvel Studios/Walt Disney

Meta Cinemativ Universe

Comic-Fans und Marvel-Enthusiasten freuen sich: Ryan Reynolds schnappt sich endlich seinen Buddy Hugh Jackman und kollaboriert mit dem australischen Schauspieler für den dritten Eintrag des Deadpool-Franchise. Dazu kommt noch Regie-Kumpel Shawn Lewy, mit dem beide Stars bereits kollaboriert haben – Reynolds in den banalen Komödien Free Guy & The Adam Projekt und Jackman spielte die Hauptrolle im SciFi-Nonsens Real Steel.


Der aufmüpfige Superheld im roten Hemd darf durch die Übernahme von 20th Century Fox durch Markenmonopol Disney überall eingreifen. Einem feuchtfröhlichen Spaß im Multiwahn oder Meta(-Gag)verse steht also nichts entgegen. Die Zeiten sind im Marvel Cinematic Universe sowieso obsolet geworden. Denn für alle Filme im Spiel mit den Multiversen gilt: Wenn alle Welten möglich sind, gibt es gar keine Welt mehr.


Witzigkeit kennt keine Grenzen

Witze über die angesprochene Übernahme und das generelle Franchise werden von Beginn an abgefeuert. Ein Risiko wird nie eingegangen. Es existiert ein Comic, in dem der gewitzte Söldner beschließt, alle anderen Superhelden zu eliminieren. Eine Chance für einen Film, mit Moralitäten zu spielen, bei der die Referenzialität dennoch erhalten bleibt. Das Heiligtum von Marvel, die Avengers, werden lediglich mit infantilen Gags angerissen und Witze über Disney sind an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten. Halbgare Kapitalismus-Kritik in der vordersten Reihe des Konzerns.


Erwartbare Referenzen über das MCU, die X-Men-Teile und den Rest aktueller Popkultur enden, wie auch in den Vorgängern, größtenteils in vorhersehbaren, plumpen Pointen. Humor spielt mit Klischees und Erwartungen, doch bei Deadpool & Wolverine erwartet man stets einen klischeehaften Witz. Ryan Reynolds als feministisches Double mit langen Haaren. Ein absurd aussehender Hund (mehrfach) in Zeitlupe. Wolverine als kleiner Mann. Jegliche Abweichung der Norm wird als Pointe verkauft. Gelacht wird sowieso nur noch, weil die Zuschauerschaft gewillt ist, die Anspielung zu verstehen. Wo bleiben endlich die Cameos?


Vielleicht mag es an den zynischen Comic-Vorlagen liegen, doch alle Teile der Reihe verkörpern Sprüche wie ‘‘Mein Humor ist so schwarz, der kann sogar Baumwolle pflücken‘‘. Spricht man jene Problematik – abseits des offensichtlich rassistischen Unterbaus – an, werden Leute einem das fehlende Verständnis für schwarzen Humor attestieren. Dass solche Gags nur wenig durchdacht sind, spielt bei einem echten Fan keine Rolle.

Ryan Reynolds und ein hässlicher Hund in Deadpool & Wolverine
© Marvel Studios/Walt Disney

Scheinheiliger als alles andere

Das Spielen mit der vierten Wand wird nur noch als Pflichtaufgabe bemüht. Im ersten Eintrag schien dieses Meta-Gimmik bereits abgefrühstückt zu sein. Die zahlreichen Gewalt-Orgien werden mit unpassender (Pop-)Musik unterlegt, um den zwanghaften Griff nach Ironie festzuhalten. Hässlich generierte CGI-Massaker werden als solche kommentiert, doch den ermüdenden Umstand ändert die Präventionsmaßnahme nicht. In Deadpool 2 hatte man mit David Leitch zumindest einen anständigen Choreographen. Shawn Levy kreiert ein einzig ansehnliches Actionpiece im Oldboy-Style, ansonsten wird visuell B-Ware geliefert.


Auch wenn der Rest des MCU auf produktionstechnischer, kulturideologischer und visuell sowie narrativer Ebene immer zu kritisieren ist, möchten sich diese Blockbuster dem Publikum nie so sehr anbiedern wie es die Deadpool-Reihe oder Spider-Man: No Way Home zu pflegen wissen. Die Avengers Filme kann man mit gutem Gewissen scheiße finden, doch sie nehmen ihren Scheiß ernst. Gerade die frühen X-Men Filme fallen noch in eine Zeit voller Unschuld, Reynolds und Co. würden so gerne dazugehören.


Worum geht es nochmal?

Keine Ahnung, ob eine Handlung in Deadpool & Wolverine existent ist. Der Film wurde von fünf Menschen geschrieben, doch fühlt sich so an, als dürfte jeder in der Redaktion einen Dialog beisteuern. Dass in diesem miesen Machwerk mit seinem Herabschauen auf bürgerliche Leute eine perfide Message innewohnt, verkommt durch die vollkommene Redundanz zu einer ärgerlichen Randnotiz. Die Stars der Sause sind nun mal die Schwergewichte Reynolds und Jackman. Die dürfen prügeln, fluchen, liebkosen, wieder prügeln, die Welt retten. Also, die EINE Welt. Die Bösewichte sind blass, die anderen Figuren nur Statisten. Die absolute Cameo-Show.


Wieso nicht den Kopf ausschalten und diese muntere Budy-Komödie genießen? All die ausufernde Kritik beiseitegestellt: Der Film ist nicht witzig. Natürlich gelingt dem Ensemble innerhalb der 128 Minuten gelegentlich ein gelungener Joke, doch das schafft man mit guten Freunden in der Kneipe im Minutentakt. Reicht trotzdem nicht für einen Kinofilm.

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