Filmkritik: Spider-Man 3
- Joshua Grabbe

- 13. März 2024
- 4 Min. Lesezeit
Wir müssen reden. Niemand spricht gerne unangenehme Themen an und vieles wird oft totgeschwiegen. Aber ich muss es einfach rauslassen. Ich mag Spider-Man 3 von Sam Raimi total gerne. Warum ich finde, dass er zu unrecht als Desaster gilt und diesem Film noch eine zweite Chance gegeben werden sollte, erzähle ich dir jetzt.
Spider-Man 3 (2007: Sam Raimi)
Vorab, worum geht es? Peter Parker (Tobey Maguire) hat es mit dem Ende von Spider-Man 2 endlich geschafft. Er ist mit Mary-Jane, der Frau seiner Träume, zusammen und vereint dies mit seinem Leben als maskierter Superheld, der sich durch die Häuserschluchten New Yorks schwingt. Auch in der allgemeinen Wahrnehmung der Bürger wird er als Held gefeiert und zu seinen Ehren werden Paraden organisiert. Doch genau in dieser Zeit treten gleich drei Superschurken auf den Plan, ihn aus seiner perfekten Welt zu reißen. Harry Osborn tritt das Erbe seines Vaters an und wird zum neuen grünen Kobold. Flint Marko gerät auf seiner Flucht vor der Polizei in ein Experiment und erlangt die Fähigkeit, sich in Sand zu verwandeln und diesen nach Belieben zu kontrollieren. Und außerdem landet dann auch noch ein außerirdischer Parasit (Venom), in schwarzer Schleimform, auf der Erde und befällt erst Peter Parker und dann seinen Arbeitsrivalen und Fotografen Eddie Brock.

Komplett Überladen
Vielleicht merkt man jetzt schon bei der Beschreibung, hier ist eine Menge los. Und leugnen kann man es kaum, dass hier weniger vielleicht mehr gewesen wäre. So führt der Film in den ersten Minuten alle drei Antagonisten ein, ohne dass jeglicher Zusammenhang zwischen den Szenen erkennbar ist. Und auch im Verlaufe der Story fühlt sich gleichzeitig vieles gehetzt und dann doch auch wieder zu lang an. Erzählerisch wirkt das ganze oft ziemlich durcheinander und so, als hätte man auf Krampf versucht, noch einen Charakter mehr in eine Geschichte einzubauen, die ohne ihn viel besser funktioniert hätte. Hätte man sich auf den Sandman als Bösewicht konzentriert, wäre trotzdem noch Platz gewesen, um die Geschichte vom neuen grünen Kobold zu erzählen (vielleicht aber mit nachvollziehbaren Entscheidungen von Mary-Jane). Genauso hätte das ganze mit Venom funktioniert, aber drei sind dann hier doch einer zu viel. Auch die Sequenz, in der Peter Parker, vom Parasiten befallen, seine dunkle Seite auslebt und im Emo-Look durch New York City tanzt, lassen sich fast nicht ohne einen Anflug von Fremdscham ansehen. Aber genau hier möchte ich einhaken und ein Plädoyer dafür halten, warum Spider-Man 3 trotz dieser Schwächen und auch wegen dieser Schwächen unverschämt viel Spaß macht.

Training für die Lachmuskeln
Emo-Peter ist mittlerweile als Bully Maguire Teil der Popkultur geworden und so ziemlich jeder Mensch, der sich in den letzten 15 Jahren mal auf eine Social-Media-Plattform gewagt hat, hat eins der daraus entstandenen Memes zu Gesicht bekommen. Wenn man also aus heutiger Sicht diese Teile des Films sieht, will man nicht sein Gesicht in seinen Händen begraben (wobei es auch eine legitime Argumentation wäre zu sagen, dass der Fremdscham von Anfang an intendiert war), sondern lacht bei jedem Spruch laut auf und sieht das was Sam Raimi geschaffen hat: Einen Film der einfach Laune macht. Wo in modernen Blockbustern (im speziellen Superheldenfilmen) die Comedy oft nur daraus besteht, dass ein ernster Moment gebrochen wird und die Erwartungen der Zuschauer*innen dadurch unterwandert, streut Sam Raimi auch abseits von Emo-Peter immer wieder lustige Momente in seinen Film, die die Stimmung auflockern und mich zum Lachen bringen, ohne mit den Charakteren zu brechen. Der Auftritt von Raimi’s langjährigem Freund Bruce Campell (bekannt aus der Evil Dead-Reihe) als französischer Kellner bildete dabei den komödiantischen Höhepunkt.

Figuren mit Herz
Aber auch abseits davon hat Spider-Man 3 einige Sehenswerte Momente zu bieten. Die Action ist fulminant inszeniert und sieht auch über 15 Jahre nach Release noch verdammt gut aus. Raimi schafft es auch in hektischen Momenten den Überblick zu behalten und lässt seinen Held, dankenswerterweise, mal wieder nicht nur gegen einen Antagonisten mit den selben Kräften antreten, wie Marvel und DC es seitdem immer wieder gerne tun. Dadurch werden die verschiedenen Fähigkeiten vielseitig und kreativ eingesetzt und bieten Spektakel und einen hohen Unterhaltungswert. Und damit kommen wir zum wichtigsten Punkt, denn auch wenn die Bösewichter in ihrer Masse die größte Schwäche des Films sind, so sind sie gleichzeitig auch für die größte Stärke verantwortlich. Wie schon in den beiden Teilen zuvor, tritt hier nicht ein charakterloser Superschurke auf den Plan, die Welt oder das Universum zu unterjochen, sondern die Konflikte mit Spider-Man bzw. Peter Parker finden auch auf einer persönlichen emotionalen Ebene statt. Harry Osborn macht Peter für den Tod seines Vaters verantwortlich und will Rache. Eddie Brock leidet unter dem durch Peter gebrochenen Ego und Flint Marko trägt die Schuld für den Tod von Peter Parker’s Onkel. Das gibt dem ganzen einen emotionalen Unterbau, der einen mit den Figuren mitfühlen und sie menschlich erscheinen lässt. Das fängt schon mit der Verwandlung von Flint Marko zum Sandman an, der es erst schafft, seine neuen Kräfte zu kontrollieren, um das Bild seiner Tochter aufzuheben, dass ihm zuvor durch seine sandigen Finger geglitten ist. Seine Tochter ist gleichzeitig auch seine Motivation für seine Taten, denn um eine notwendige Operation für sie zu bezahlen, braucht er Geld. Sam Raimi’s Spider-Man Filme zeigen uns nicht nur bei dem beliebten Spinnenmann die menschliche Seite, sondern auch bei den Menschen, die sich ihm entgegenstellen. Das ist auch bei Spider-Man 3 der Fall.
Für mich bleibt Spider-Man 3 trotz all seiner offensichtlichen Schwächen ein Film fürs Herz, der auch nach mehrmaligen Anschauen mir immer noch eine Menge Emotionen entlockt. Natürlich kann man hier einiges kritisieren, aber ich glaube, dass dieser Film den Vergleich zu vielen modernen Blockbustern locker besteht und dabei oft auch noch besser aussieht. Wenn ihr also mal wieder einen Film für einen lustigen Abend mit Freunden sucht, der trotzdem immer mal wieder die richtigen Knöpfe drückt, warum dann nicht dieser?




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