Joshua: Meine Top 10 des Jahres
- Joshua Grabbe

- 22. Dez. 2023
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Jan. 2024
Das Filmjahr 2023 hatte so einiges zu bieten und eigentlich habe ich auch immer noch nicht alles gesehen, was ich dieses Jahr sehen wollte, aber hier trotzdem meine Top 10 des Jahres!

Platz 10: Babylon
Kaum ein Film hat es geschafft, mein Umfeld so zu spalten wie Babylon von Damien Chazelle. Die einen halten ihn für viel zu lang, voll mit plattem Humor und werfen Chazelle Arroganz vor, mit der er das frühe Hollywood und das Medium Film verarbeitet. Die anderen schätzen die durchchoreografierten Szenen, die Ekstase, die sich auf die Zuschauer:innen überträgt und sehen eine augenzwinkernde Liebeserklärung an etwas, das uns heute wie vor 100 Jahren berührt und bewegt: den Film. Ich zähle mich zur zweiten Gruppe und allein die ersten 30 Minuten des Films (bei denen ich zum Takt wippend im Kinosessel saß) reichen aus u m eine Empfehlung auszusprechen!

Platz 9: Evil Dead Rise
Was war ich überrascht, als Anfang des Jahres plötzlich Evil Dead Rise in den Kinostarts auftauchte. Als Fan des 2013er Evil Dead und Bewunderer des Originals von Sam Raimi waren meine Erwartungen hoch. Und auch wenn Lee Cronin mit seinem Beitrag das Rad nicht neu erfindet und auch die Explizität im Vergleich zum Vorgänger etwas runterschraubt, liefert er den vielleicht besten Horrorfilm des Jahres ab. Denn sobald der Dämon, im Körper der Mutter, die Wohnung der kleinen Familie betritt, bleibt das Gaspedals des Horrors bis zum Ende durchgedrückt und bietet für Fans des Genres einige stark inszenierte Szenen. Gegen einen weiteren Teil mit dieser Qualität habe ich sicher nichts dagegen.

Platz 8: John Wick: Chapter 4
An langen Filmen scheint es dieses Jahr nicht gemangelt zu haben und auch John Wick: Chapter 4 macht da mit fast 3 Stunden Laufzeit keine Ausnahme. Gelangweilt habe ich mich trotz der hohen Laufzeit nie. Das lag wie zu erwarten nicht an der cleveren Story, sondern einem Worldbuilding, das trotz aller Logiklücken weiterhin fasziniert und stylischen Actionsequenzen, die nahezu konkurrenzlos überzeugen. Wenn dann noch eine ganze Szene als Hommage an Hotline Miami (ein wundervolles aber sehr brutales Indie Game) gewidmet ist, kann ich nicht anders als mit Freude erfüllten Augen auf die Kinoleinwand zu starren. Ach John, so machst du mir Spaß!

Platz 7: Beau is Afraid
Und hier direkt der nächste Film mit nicht nur etwas Überlänge. Auch wenn ich hier die ein oder andere Szene in gekürzter Form wahrscheinlich mehr genossen hätte, hat mir das Gesamtprodukt so gut gefallen, dass ich darüber hinwegsehen sehen kann. Mit Beau is Afraid beweist Ari Aster ein weiteres Mal warum er der vielleicht interessanteste Regisseur der letzten Jahre ist und schickt Joaquin Phoenix auf eine Odyssee durch seine eigene Psyche, bei der sich nicht nur die Titelgebende Hauptfigur Beau die Frage stellt: Was ist denn hier eigentlich noch real? Dabei strotzt der Film vor Kreativität und liefert die wahrscheinlich überzeugendste Darstellung von Anxiety und einer Panikattacke. Stress hat sich selten so gut angefühlt!

Platz 6: Broker
Sang-hyeon und sein Freund Dong-Soo betreiben ein illegales Geschäft, in dem sie ungewollte Babys, die von ihren Müttern an der Kirche abgegeben werden, an Paare weiterverkaufen, die sie für gute Eltern halten. Als eine dieser Mütter zurückkommt und herausfindet was die beiden tun, schließt sie sich ihnen an, auf der Suche nach potenziellen Eltern für ihr Kind. Was daraufhin folgt, ist der schönste “Family”-Roadtrip seit Little Miss Sunshine und ein weiterer Beweis, was das koreanische Kino dem unseren voraus hat (so ziemlich alles). Der Film scheut sich dabei nicht, schwierige Themen anzusprechen und findet Antworten, die sich direkt in mein Herz geschlichen haben. “Thank you for being born.”

Platz 5: All of Us Strangers
Im Rahmen des Cologne Film Fest konnte ich schon All of Us Strangers sehen. Ein Film, der so bittersüß-traurig ist, dass es schon fast nicht mehr fair ist. Aber was erwarte ich nach Aftersun von einem Film, in dem Paul Mescal tanzend in einem Club zu sehen ist? Andrew Scott spielt den einsamen Drehbuchautoren Adam so gut, dass eine Oscar-Nominierung meiner Meinung nach unausweichlich ist. Wenn Adam im Laufe des Films die Chance bekommt, Gespräche mit seinen verstorbenen Eltern nachzuholen, für die es, als er jung war, nie Platz gab, blieb kein Auge im Kino trocken und auch die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen ihm und Mescals Charakter trifft die richtigen Töne zwischen Hoffnung und Melancholie. Auf der Klaviatur der Emotionen wird hier nur in D-Moll gespielt.


Platz 4 & 3: Barbenheimer
Unterschiedlicher können Filme fast nicht sein und genau das hat den Hype ausgemacht. Was war ich erleichtert, als ich aus dem Kino kam und bemerkte: Ich muss mich nicht entscheiden, ich kann beide Filme mögen und wurde nicht enttäuscht. Barbie bietet eine der spaßigsten Kino Erfahrungen des Jahres und Oppenheimer fasziniert (mal wieder) mit dem Intellekt, mit dem Christopher Nolan inszeniert. Wo Oppenheimer es schafft mich trotz einem Übermaß an Charakteren und Gesprächen, für die meine 4- in Physik nicht ausreicht, bei Stange zu halten und mitzufiebern, erweckt Barbie eine Leidenschaft für Musicalnummern in Filmen die ich sonst nie verspürt habe (“I’m just Ken” hat es in meine Spotify Top 100 geschafft). Am Dankbarsten bin ich jedoch dafür, gespürt haben, wie sehr Kino noch begeistern kann und zu einem Gesellschaftlichen Event wird an dem alle teilhaben können und die selbe Faszinierung für etwas teilen, dass ich liebe. Danke Barbenheimer!

Platz 2: Past Lives
Past Lives ist einer von diesen Filmen, bei denen es schwierig ist, ihre Wirkung in Worte zu fassen. Was zuerst, nach einer für einen Liebesfilm typischen, sich anbahnenden Dreiecksbeziehung aussieht, stellt sich als wundervoller Blick auf das Leben und die Liebe heraus, in der es die Charaktere schaffen, einfach mal ehrlich miteinander zu reden. Keine konstruierten Konflikte, sondern der Hinweis darauf, dass Liebe auch schmerzhaft und chaotisch sein kann. Am Ende gibt es meist nicht nur die eine Liebe im Leben und oft scheitern diese an den verschiedensten Umständen. Celine Song erschafft in ihrem Film keinen Bösewicht, sondern Charaktere, die alle gleichermaßen nachvollziehbar und liebenswürdig sind. Manchmal erwischen wir einfach nicht die richtige Zeit miteinander, dafür aber vielleicht in einem anderen Leben.

Platz 1: Spider-Man: Across the Spiderverse
Lange habe ich mit mir gehadert, diesen Film auf den ersten Platz zu nehmen, so ist die Geschichte doch nur zur Hälfte erzählt und der nächste Teil könnte vieles von dem einreißen, was dieser Film so wundervoll aufgebaut hat. Aber kaum ein anderer Film hat mich dieses Jahr mitgerissen wie Spider-Man: Across the Spiderverse. Alles hier versprüht Kreativität: die Animationen, das Sound-Design, die Optik, die Charaktere… Direkt in den ersten Minuten wird mit den anderen Animationsfilmen der Boden aufgewischt. Das ist der neue Maßstab, an dem sich moderne Animationsfilme messen müssen. Ich weiß nicht, wie oft ich den Film hätte stoppen wollen, weil ich mich einfach nicht an den wunderschön gestalteten Bildern satt sehen konnte. Zusätzlich begeistern Charaktere, die trotz ihrer Comichaftigkeit es schaffen, mich zu berühren und mehr von ihnen sehen zu wollen. Un dazu kommt dann noch coole Action und eine Darstellung des Multiversums, bei dem das MCU blass vor Neid wird. Wo andere Filme mich enttäuscht zurücklassen, wenn ihre Geschichte erst im nächsten Film auserzählt wird, schaffe ich es hier einfach nicht, das zu einem Vorwurf zu machen. Denn die Zeit bis zum nächsten Teil lässt sich gut überbrücken, indem ich dieses Meisterwerk immer wieder ansehe.
Rückblickend bleibt der Eindruck ein tolles Filmjahr erlebt zu haben. Dazu muss ich auch noch Filme erwähnen wie Godzilla Minus One, Pearl, Killers of the Flower Moon oder Anatomie eines Falls, die sich auch einen Platz in diesem Ranking verdient hätten. Aber auch Filme, die ich noch nicht gesehen habe, weil ich sie schlichtweg verpasst habe oder sie jetzt erst zum Ende des Jahres starten: Roter Himmel, The Creator, Perfect Days, How to Blow Up a Pipeline und noch viele mehr. Ich freue mich jedenfalls noch einige Filme nachzuholen und im nächsten Jahr wieder viel Neues im Kino zu erleben!




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